„Ghost Notes“ entstand mit meinem Wunsch, moderne Beats mit Elementen traditioneller japanischer Musik zu verbinden – Shakuhachi, Koto und melodische Linien, die an klassische japanische Tonführungen erinnern. Diese Idee ist nicht neu, für meine Musik allerdings schon. Mein eigenes Umfeld bestimmt hier deutlich die Stimmung.
Nicht alle Stücke dieser EP bewegen sich in diesem Crossover, aber sie teilen denselben Blickwinkel: ein Gleichgewicht zwischen elektronischer Struktur und kultureller Resonanz.
Gleichzeitig markiert „Ghost Notes“ auch eine Abkehr vom stärker experimentellen Ansatz meiner bisherigen Arbeiten. Das zeichnete sich meiner Meinung nach schon bei der Single „Delta State“ ab – hier aber wird die Tendenz noch deutlicher hörbar. Ich finde das völlig okay, das ist halt auch die musikalische Spiegelung meiner aktuellen Situation. Ich habe zum gegenwärtigen Zeitpunkt Lust, genau diese Art von Musik zu machen.
1. Nagoya Nights
Eine sanft angehauchte Liebeserklärung an meine Heimatstadt. Die Nächte in Nagoya haben ihren ganz eigenen Rhythmus – ruhig, aber nie leer. Es gibt hervorragende Restaurants, kleine Izakayas, lebendige Clubs im Viertel Sakae und viele Orte, die man immer wieder gern aufsucht.
Wenn ich an Nagoya denke, sehe ich mein Lieblings-Onsen vor mir, die Sakura Dori, das Schloss, und in der Ferne die Berge der Japanischen Alpen – zu erkennen vom Fernsehturm aus oder auf dem Weg hinaus in die Vororte. Diese Bilder waren in meinem Kopf, als ich den Track geschrieben habe. Und auch die Abende, an denen meine Partnerin und ich einfach losziehen, essen gehen oder spazieren.
Die Harmonien bleiben offen, als würden sie den Atem der Stadt aufnehmen. Dieser Track ist kein Abbild, sondern ein Nachhall des Ortes, der mein Zuhause geworden ist.
2. Koenji Shuo Park
Ein Ort in Tokio, abseits der bekannten Touristen-Hotspots. Wunderschön zum Spazieren oder einfach zum Hinsetzen, wenn das Wetter mitspielt. Schüler und Studierende aus den umliegenden Einrichtungen kommen hierher, um ihre Pausen zu verbringen oder am Nachmittag einfach abzuschalten. Es ist entspannt hier – und cool.
Rundherum, im Stadtteil Koenji, reihen sich Vintage- und Secondhand-Läden, Plattenläden, Retro-Geschäfte und Orte aneinander, in denen Kunst und Subkultur lebendig sind. Hier hat die japanische Punk-Szene ihre Wurzeln. Noch heute gibt es wilde Clubs und Underground-Livehouses, in denen diese Energie weiterlebt.
Koenji hat seinen eigenen Rhythmus, frei von Konventionen – menschlich wie musikalisch. Vielleicht flossen meine musikalischen Gedanken gerade deshalb so leicht.
3. Shinkansen
Ich verzichte in diesem Track vollständig auf jegliche Klischees. Nichts lehnt sich an den Sound der Schiene an. Das Grundmotiv basiert auf einer elektronischen Sequenz, die stetig läuft, während sich harmonische Verschiebungen darunter vollziehen. Während wir als Passagiere die Fahrt drinnen genießen, fliegt draußen die Landschaft an uns vorbei. Es geht jedoch nicht um Geschwindigkeit, sondern um Fluss – um die Energie, die in Gleichmäßigkeit entsteht.
Der Klang ist elektronisch und warm, als würde die Maschine selbst träumen. „Shinkansen“ ist für mich ein Sinnbild moderner Ruhe – Kontrolle und Hingabe im selben Atemzug. Einfach zurücklehnen, entspannen und irgendwann ankommen.
4. Lucent Drift
Von Engeln hineingetragen, der Klang der Koto übernimmt und schließlich tragen uns Synthesizersounds weiter. Verträumte Leads und kräftige Drums treiben den Track bis ich die Shakuhachi zum Einsatz bringe und deren verträumter Klang wieder in Synthesizersounds übergeht. Ich finde, meine Komposition und das Arrangement zeigen, wie wunderbar die Instrumentierung mit traditionellen Instrumenten und modernen Beats zusammenpasst.
5. Interstellar
„Interstellar“ ist für mich eine Reise zwischen Bewegung und Stille – getragen von einem inneren Puls um 100 BPM, spürbar, aber nie treibend. In Ais-Moll verankert, verbindet der Track Melancholie mit leiser Zuversicht: Dunkelheit als Weite, nicht als Bedrohung. Offene Flächen, feine Höhen und eine organische Dynamik lassen ihn atmen – präzise produziert, aber bewusst menschlich. Für mich ist „Interstellar“ kein Klangbild des Alls, sondern ein innerer Flug durch Erinnerung, Bewusstsein und Zeit.
6. Vector Sleep
„Vector Sleep“ ist der rhythmische Kontrapunkt der EP – elektronisch, klar strukturiert und in stetiger Bewegung. Auf 120 BPM entfalten sich präzise Schichten, die den Flow halten, ohne zu drängen. Ein Stück, das zwischen Struktur und Atmosphäre balanciert – konzentriert, lebendig, bewusst rhythmisch.
7. Hope
Das letzte Stück war von Anfang an als Schlussbild gedacht, aber ohne Pathos.
„Hope“ öffnet den Raum noch einmal – warm, fließend, zurückhaltend.
„Hope“ ist bewusst cineastisch angelegt – getragen, leicht dramatisch und klar strukturiert. Der Puls bei 100 BPM hält das Stück in Bewegung, während die harmonische Tiefe in A-Moll eine emotionale Spannung erzeugt. Ein Track, der sich eher wie eine Szene entfaltet als wie ein Song.
Abschließender Gedanke
„Ghost Notes“ sind die Klänge, die zwischen Kulturen, Zeiten und Zuständen liegen – kaum hörbar, aber spürbar.
Sie verbinden Elektronik und Tradition, Bewegung und Ruhe, Erinnerung und Gegenwart.
Vielleicht ist das ihre eigentliche Bedeutung: Musik, die nicht versucht, zu beeindrucken, sondern zu bleiben.